6. Januar 2015

Gelassenheit

Sehr gelassen hatte ich es gesehen, dass ich meinem Vorsatz nicht treu geblieben bin, mir für das neue Jahr ein Wort zu wählen, dass für die 365 Tage mein Credo werden sollte. Immer wieder spukte mir loslassen in meinem Kopf herum, da ich mich die letzten Wochen und Monate mit dem Minimalismus beschäftigt habe und daraus ein sehr konkreter Vorsatz für 2015 entstanden ist: Jeden Tag soll ein Teil dieses Haus verlassen (weggeworfen, verschenkt, verkauft) – und im Gegenzug die Einschränkung des Konsums: Jeden Monat darf (neben Verbrauchs- und Lebensmitteln) nur ein Gegenstand neu hinzukommen. Beides sind relativ leichte Vorgaben, habe ich als konkrete Vorbilder doch Beispiele, wo Menschen drei bis fünf Gegenstände am Tag aussortieren oder auf der anderen Seite habe ich von Experimenten gelesen, in denen Menschen ein Jahr lang gar nichts gekauft haben. So habe ich mit meinem Vorhaben eher eine Light-Version gewählt und bis jetzt fühlt es sich noch durchaus gut an.
Aber loslassen kam mir so psychomäßig durchgekaut und abgegessen vor, dass ich mich dazu nicht durchringen konnte.

Am Samstagmorgen habe ich im trüben grau-in-grau-Wetter einen sehr entspannten Morgenspaziergang gemacht und da kam mir das Wort Gelassenheit in den Sinn. Dass ich auf diesem Spaziergang sehr gelassen war, ist eigentlich überhaupt nicht verwunderlich, denn es war absolut nichts los, kaum eine Menschenseele zu sehen. Ja, aber Gelassenheit, das ist gut, dachte ich mir.

Als ich zum Auto kam, sah das rechte Vorderrad sehr platt aus, und ich hatte nun gleich die erste Möglichkeit, mich in Gelassenheit zu üben. Tief durchatmen und kurz nachdenken ... kein Handy dabei, 2 bis 3 km könnte ich gut mit den Hunden nachhause laufen, ausprobieren, ob ich die kurze Strecke mit diesem Reifen noch fahren kann?! Kurz gesagt, ich tat Letzteres und es funktionierte problemlos.

Als ich gestern zur Werkstatt fuhr und mir um Zeit zu überbrücken im nahgelegenen Supermarkt diese am Zeitschriftenregal vertrieb, stieß ich auf eine xyz-Frauenzeitschrift – großes Dossier: Ihr Weg zu mehr Gelassenheit. Nein, ich habe mir die Zeitung nicht gekauft – wäre doch dann das eine Teil, das ich im Januar kaufen kann, schon vergeben gewesen ;-) –, ich kam eher zu der Einsicht, dass Gelassenheit mindestens ebenso ausgelutscht ist, wie loslassen. Ich sehe es gelassen und belasse es trotzdem dabei. Denn gerade im Umgang mit Nelli kann mir eine große Portion Gelassenheit durchaus gut tun.

Der platte Vorderreifen war übrigens nur ein defektes Ventil – und wirklich kein Grund zur Aufregung. :-)