17. Oktober 2013

5/30*



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Von neuem saßen wir auf dem Bänkchen vor dem Wartehäuschen. Ich fühlte mich bei dem alten Mann sicher.
»Iß noch«, sagte er nach einer Weile, »und hab keine Angst. Ich werde dafür sorgen, daß du sicher nach Casablanca gebracht wirst. Dort wartet jemand auf dich?«
»Nein, ich bin hier ganz allein. Auf der Flucht aus Frankreich.«
Abermals musterte er mich, dann erhob er sich und brachte aus dem Häuschen eine ordentliche Portion Feigen, schüttete sie mir in den Schoß und bemerkte nur: »Du bist jung und hungrig. Und der Krieg ist eine Bestie. Iß und hab keine Angst, bei mir kannst du ruhig warten.«
Als nach einer guten Stunde auf der Straße ein Staubwirbel aufkam, stand der alte Mann auf und begann mit den Händen in den weiten Ärmeln seines Kaftans zu winken. Ein kleiner, leicht schwankender Bus tauchte auf, bremste und blieb kreischend vor dem Häuschen stehen. Er war unwahrscheinlich voll: Männer, Frauen und viele Kinder. Dazwischen Hühner, ein paar Schafe und Ziegen.
 
[ Das Geheimnis der nächsten Minuten | Lenka Reinerová ]
 

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* 30 x ein Foto, ein Buch, eine Skizze

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